Literatur
Peter Handke: Über die Dörfer
Das Gedicht „Über die Dörfer“ von Peter Handke diente mir als Reflexions- und Inspirationsquelle für meine Projekte. Dabei bin ich wie bei meinen Arbeiten vorgegangen. Den auch Handkes Version habe ich als reiches Startmaterial angesehen. Beim Verweben mit meinen Arbeiten geht die Reihenfolge und Vollständigkeit des ursprünglichen Gedichts verloren. Das Gedicht in seiner Gesamtheit ist für mich eine Sammlung von bodenständigen Weisungen, die auch einzeln funktionieren und die eine innere Sicherheit und Selbstbestimmtheit vermitteln.
Gefährde die Arbeit noch mehr.
Sei nicht die Hauptperson.
Such die Gegenüberstellung. Aber sei absichtslos.
Vermeide die Hintergedanken.
Verschweige nichts.
Sei weich und stark.
Sei schlau, lass Dich ein und verachte den Sieg.
Beobachte nicht, prüfe nicht,
sondern bleib geistesgegenwärtig bereit für die Zeichen.
Sei erschütterbar.
Zeig deine Augen, wink die andern ins Tiefe,
sorge für den Raum und betrachte einen jeden in seinem Bild.
Entscheide nur begeistert.
Scheitere ruhig.
Vor allem hab‘ Zeit und nimm Umwege.
Lass dich ablenken. Mach sozusagen Urlaub.
Überhör keinen Baum und kein Wasser.
Kehr ein, wo du Lust hast und gönn dir die Sonne.
Vergiss die Angehörigen, bestärke die Unbekannten, bück dich nach Nebensachen,
weich aus in die Menschenleere, pfeif auf das Schicksalsdrama,
missachte das Unglück,
zerlach den Konflikt.
Beweg dich in deinen Eigenfarben,
bis du im Recht bist und das Rauschen der Blätter süss wird.
Geh über die Dörfer. Ich folge dir nach.
Aldo Leopold: Odyssey
Das Gedicht wird im Rahmen der Mappe durch den Text Odyssey von Aldo Leopold ergänzt. Dieser beschreibt die Reise der Atome X und Y durch die verschiedensten Gestalten von Lebewesen, Pflanzen und Naturmaterialien. Er betont die Interdependenz zwischen Lebensformen und wie in der Natur durch Kooperation und Konkurrenz Kontinuität entsteht. Dabei wird deutlich, dass die größte Konstante der Wandel selbst, also das Verändern, Auflösen und Neuformen von Existierendem ist. Bei der Aufarbeitung meiner Projekte habe ich deswegen einen starken Fokus auf die Prozessdarstellung gelegt. Welche veranschaulicht, wie Dinge diesen Wandel durchlaufen.
Der Mensch wird von Leopolds Text als ein Wesen der Kategorien beschrieben. Sein zielgerichtetes Handeln hat zerstörerische Wirkungen, weil sein Geist nie alle Folgen seines Handelns komplett kalkulieren kann, die Gesamtheit der Biosphäre nicht begreift und meist durch immer weitere Versuche die Situationen verschlimmbessert. Meine Arbeiten sind der Versuch, mit dieser Tendenz, die auch ich in mir trage, einen weicheren Umgang zu finden. Kategorien abzulegen und Materialien, sowie Fähigkeiten dabei nicht in alt und neu, nutzlos und nützlich zu unterteilen, sondern sie wertzuschätzen wie sie sind, war für mich dabei sehr hilfreich. Das Verwenden von alten oder genutzten Sachen ist für mich allerdings ein Ausweg aus dem Konflikt, dass ich einerseits etwas erschaffen will und andererseits keine neue Belastung für die Erde zu erzeugen will.